Es ist zwar schon ein paar Monate her, aber da die „Gemeinnützige Wohnungs-Baugemeinschaft“ leider keinen der prämierten Entwürfe präsentiert, geschweige denn in Betracht zieht, den Gewinnerentwurf zu realisieren, stellen wir heute den Wettbewerb für eine Fassadensanierung des Sitzes der GEWOBA in Bremen vor.
Zu diesem Wettbewerb wurden verschiedenste Architekturbüros, insgesamt 11, aus ganz Deutschland geladen, der das Ziel hatte, Entwürfe für eine neue Fassade des Hochhauses am Rembertiring zu erstellen, die die Merkmale „hanseatisch, solide, bescheiden, aber selbstbewusst“ aufzeigen sollten. Natürlich durften einige Bremer Architekturbüros nicht fehlen, das „hanseatische“ ist halt nicht jedermanns Sache.
Das Hochhaus wurde 1969 von dem Architekten Martin Zill als Anbau für das ursprüngliche Verwaltungsgebäude, welches ebenfalls von ihm geplant wurde, gebaut. Es vervollständigt eine Hochhausreihe, die durch das Siemens-Hochhaus am Bahnhof eingeleitet wird. Die Kubatur ergibt sich aus zwei in sich verschnittenen Rechtecken, wobei die enstandene Schnittmenge den Kern des Bauwerks darstellt, welcher als höchster Punkt aus dem Turm hinauswächst. Vorgehängte Aluminiumelemente bilden die Bestandsfassade, welche sich mit einer vertikalen Betonung durch Lisenen zeigt. Da es zu damaliger Zeit leider leider noch keine Energieeinsparverordnung gab und man sich nicht sonderlich um derartige energetische Sparmaßnahmen gekümmert und lieber geheizt hat wie bekloppt, sollte es an der Zeit sein, dem Haus ein neues Kleid anzuziehen.
Die teilnehmenden Büros hatten gut zwei Monate Zeit eine technisch, wie wirtschaftlich ausgereifte Fassade zu präsentieren, die am besten noch im laufenden Betrieb an das Gebäude gehängt werden sollte. Beratende Sachverständige, wie Fassadenplaner sowie Statiker durften zur Hilfe gezogen werden, gerade auch weil der Bestand statisch gesehen nicht mehr allzu viele Lasten tragen kann.
Das stark besetzte Preisgericht verteilte schließlich 3 Preise.
Der dritte Preis ging an das Bremer Büro Westphal Architekten BDA. Der Entwurf nimmt die vertikale Betonung durch die Lisenen wieder auf und bringt eine kristalline Struktur in diese. Die ehemals breiten Öffnungsflügel sind nun geteilt und geben dem Gebäude einen ganz neuen Maßstab. Der größte Eingriff besteht jedoch in der erweiterten Kubatur. Westphal Architekten lösen das Bild der zwei in sich verschränkten Quader und deren Kern auf. Sie stocken das Gebäude zur Straßenseite hin bis auf den ehemals höchsten Punkt auf, was eine deutliche Zunahme der Qualität der Hochhauskubatur mit sich trägt. Allerdings scheint „Aufstockung“ das falsche Wort zu sein; offentsichtlich wurde der Raum drastisch erhöht, er wirkt wie eine enorme Kanzlei, als würde der GEWOBA-Vorstand in diesem Raum über das Schicksal Bremens und der Welt entscheiden. Dabei stand in der Auslobung doch „bescheiden“ und „hanseatisch“ als Entwurfskriterium oder nicht?
Der zweite Preis ging an das Berliner Büro Müller Reimann Architekten. Ihre Lösung sieht nicht etwa die Beibehaltung ehemaliger gestalterischer Themen vor, sondern eine Harmonisierung und Vereinfachung des Fassadenbildes. Vertikale oder Horizontale Betonungen gibt es nicht mehr, selbst die Verglasungen wurden teils zusammengeführt, um das Bild zu beruhigen und bodentief geplant. Wie der vorangegangene Entwurf wurde auch hier das Gebäude aufgestockt, diesmal kommt auf der Vorderseite tatsächlich ein ganzes Geschoss hinzu. Der hintere Teil wurde allerdings mit den Fassadenelementen umrandet, es ensteht hier eine Dachterrasse für Angestellte. Es gelingt den Architekten ein einheitliches Bild des Hochhauses zu schaffen, das sich an die bestehenden Bürogebäude anzupassen scheint. Allerdings fragt man sich bei den breiten und bodentiefen Öffnungsflügeln, wie es überhaupt noch möglich sein soll Arbeitsplätze in die Räume zu integrieren aber naja, es geht ja nur um die Fassade.
And the winner is… Springer Architekten, ebenfalls aus Berlin. Endlich jemand der das Werk von Martin Zill zu würdigen scheint. Das Büro verzichtet auf die Aufstockungen und konzentriert sich ganz auf die Fassade. Diese soll nach dem Verständnis der Architekten im engen Zusammenhang mit dem bestehenden Sitz der Gewoba aus den 60er Jahren stehen. Kontraste aufheben und Verbindungen schaffen ist hier das erklärte Ziel. So wird auf viele Merkmale des benachbarten Bestandes eingegangen, wie die horizontale Gliederung durch die Fensterbänder und die Farbigkeit der Fassade. Vertikale und horizontale Elemente werden in ihrer Hierarchie in dieselbe Tiefe gebracht. Dennoch bleiben die entwurflichen Gedanken von Zill erhalten durch die Aufnahme des ehemaligen Rasters und der Beibehaltung der Kubatur. Im Endeffekt ein Entwurf, der die Gebäude der GEWOBA zu einer Figur vereint und es dennoch schafft, das Hochhaus als eigenständiges Objekt darzustellen, das aus den 60er Jahren zu stammen scheint. Aber wäre ich Vorstandsvorsitzender der GEWOBA, würde ich auch keine Aufstockung bezahlen wollen.
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